Bye Bye Hommage 2021
leger vinavant
Vor 14 Monaten hat die Tessiner Autorin Virginia Helbling die Texte für die beiden Choreinsätze in der Projektion von Hommage 2021 abgegeben. Kurze Zeit später legte Corona zahlreiche Aktivitäten lahm: Ab November vergangenen Jahres gehörte Chorsingen von einem Tag auf den anderen zu jenen kulturellen Tätigkeiten, die ganz eingestellt werden mussten. Vorerst lagen die Aufnahmen für Hommage 2021 also auf Eis.
Mit den Lockerungen des Bundesrates vom 26. Mai 2021 wurde möglich, was wir die ganze Zeit über gehofft hatten: Das Berner ensemble Ardent unter Leitung von Patrick Secchiari konnte die beiden Chöre der Projektion zur Geschichte der Frauen in der Schweiz im Tonstudio in Bern aufgenommen – coronatechnisch ein kleines Abenteuer der besonderen Art.
Das Ergebnis gibt es vom 6. Bis am 13. August 2021 jeweils ab 21.15 Uhr auf dem Bundesplatz im Rahmen der Panorama-Projektion Hommage 2021 zu hören.
Zusammenwachsen im Tutti
Die Passantinnen und Passanten bleiben auf der Brücke stehen, schauen ins Berner Marzili hinunter, wo der gemischte Chor Ardent sein Aufwärmtraining im Freien macht. Nach mehr als einem halben Jahr Pause heisst es das Vokalensemble wieder zu einem grossen Ganzen zusammenwachsen zu lassen. Die bekannten Stimmübungen werden kurzerhand mit den Vornamen der Chormitglieder in elegantem Legato gesungen. Danach halbe Drehung und «Klatschen» gemeinsam. «Das bekommen wir noch genauer hin», weiss der Dirigent. Tatsächlich, die beeindruckende Synchronizität wird bei den nächsten Versuchen noch präziser.
Das ensemble Ardent ist ein Projektchor. Patrick Secchiari bringt aus einer grossen Adressliste freiwilliger Sängerinnen und Sänger für jedes Projekt den passenden Chor zusammen. Die besondere klangliche Qualität ist dessen Kennzeichen.
Zuerst ist der viersprachige Sprechtext des Chant 1 an der Reihe. In Zoomproben haben die Frauen in Kleingruppen den Inhalt durchleuchtet, dann auf die Zehntelsekunde genau eingeübt. Denn die Bilder der Projektion stehen, der Ton muss genau passen. Chant 1 bildet die treibende Kraft am Anfang der Projektion. Es ist die Aufforderung an die Frauen, den Weg der politischen Gleichberechtigung zu wagen, ungeachtet der Schwierigkeiten und Hindernisse. «Es war ein beeindruckendes Gefühl, als die rätoromanisch sprechende Gruppe den Text zum ersten Mal zusammengebracht hat,» erinnert sich Sylvia Stampfli. Sie arbeitet als Musikpädagogin und schätzt die Zusammensetzung und die hohe Musikalität des Chors. Monika Aebi reist bereits seit mehreren Jahren von Herzogenbuchsee an die Proben nach Bern. Das Thema spricht sie an. Ihre Mutter durfte lange nicht abstimmen und nicht wählen. Auch Miriam Peters, ursprünglich aus Deutschland, konstatiert: «Meinen vielen Vorzügen, die ich heute geniessen darf, ging ein langer Kampf voraus.»
Danach ist die Aufnahme des Chant 2 für den ganzen Chor angesagt. Alle stehen in den vorgegebenen Abständen. Jedoch nicht, wie sonst bei Chören üblich, nach Stimmen getrennt. Sondern gemischt. So müssen alle sehr viel genauer auf sich und die anderen hören. Das vom Komponisten Jean-François Michel vorgeschlagene Tempo ist die wirkliche Herausforderung. Es ist ein energiereicher und temperamentvoller Jubel, der am Schluss der Projektion die Pionierinnen der Schweizer Frauengeschichte ehrt und würdigt. Die Chormitglieder haben zwar lange pausiert. Aber an diesem Abend geht es innerhalb kürzester Zeit von Null auf Hundert. «Tempo halten,» heisst es mehrfach, «Inhalt, Aussprache, helles ‹A›, aufeinander hören.» Immer wieder. Alle sind voll dabei. Kurz nach halb elf, nach dreieinhalb Stunden Proben und Tonaufnahmen, ist der gewünschte Klang da.
Neugierig auf das Ergebnis? Vom 6. - 13. August zu hören jeweils ab 21.15 Uhr auf dem Bundesplatz.
Zürich/Bern, 9. Juli 2021/LH